Gericht erklärt Zivilcourage für unerwünscht – Bitte wegschauen und weitergehen!

PRESSEMITTEILUNG Gericht erklärt Zivilcourage für unerwünscht – Bitte wegschauen und weitergehen! Witzenhausen, 28. März 2014 Am gestrigen Donnerstag verhandelte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz die Berufungsklage zweier Witzenhäuser Studierender gegen einen für sie ausgesprochenen Platzverweis im Zusammenhang mit rassistischen Polizeikontrollen am Kasseler Hauptbahnhof. Die beiden Studierenden aus Witzenhausen bei Kassel hatten im Mai 2012 im Kasseler Hauptbahnhof zwei Bundespolizisten beobachtet, die zielgerichtet Personen offensichtlich einzig wegen ihrer Hautfarbe nach den Personalien befragten. Da beide Frauen diese Vorgehensweise als rassistisch empfanden, hatten sie sich in die Nähe der Kontrolle gestellt. Die Bundespolizisten reagierten mit einem Platzverweis für beide Klägerinnen und führten eine der Klägerinnen im Polizeigriff hinaus. Gegen dieses Vorgehen hatten die beiden Frauen geminsam mit ihrem Rechtsanwalt Sven Adam geklagt, mit dem Ziel eine richterliche Feststellung zu erreichen, dass die alleinige Beobachtung eines offensichtlichen Unrechts, und darum handelt es sich beim Racial Profiling, erlaubt sein muss und kein Grund für einen Platzverweis sein darf. Die gestern verhandelten Berufungen wurden von dem 7. Senat des OVG unter Vorsitz der Richterin Dagmar Wünsch zurückgewiesen unter anderem mit der Begründung, dass bereits die Beobachtung einer polizeilichen Maßnahme mit Platzverweisen belegt werden könne, die dann mit unmittelbarer Gewalt durchgesetzt werden, um einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit vorzubeugen. Des weiteren sei es alleine Gerichten vorbehalten, polizeiliche Maßnahmen zu überprüfen. Das allerdings würde bedeuten, dass eine Intervention aus Zivilcourage in beobachtetes Unrecht verunmöglicht wird. Dieses muss erst geschehen um dann im Nachhinein vom Gericht für rechtswidrig erklärt zu werden. Eine Ohrfeige für die Betroffenen. Eine der Klägerinnen, Mirjam Anschütz, äußerte sich dazu wie folgt: „Das Gericht widerspricht sich mit dieser Aussage selbst. Wie sollen Gerichte polizeiliche Maßnahmen wie die rechtswidrige Praxis des Racial Profiling überprüfen, wenn mögliche Zeugen mit Hilfe von Platzverweisen bereits vorher aus dem Weg geschafft werden?“ Annette Haak, die zweite Klägerin ergänzt: „Die Wirkung dieses Urteils kann fatal sein. Es impliziert, dass polizeiliche Maßnahmen grundsätzlich nur deswegen in Ordnung sind, weil sie von der Polizei durchgeführt werden. Und dass das Beobachten rechtswidriger polizeilicher Maßnahmen für engagierte Menschen mit Platzverweisen und verdrehten Armen enden kann. Soll die Konsequenz daraus lauten: Wegschauen, weitergehen?“ Kontrollen aufgrund von Racial Profiling sind zwar rechtswidrig, aber nach wie vor alltägliche Polizeipraxis. Einer alleinigen Beobachtung eines solchen Unrechts – um später als Zeug_in dafür zur Verfügung stehen zu können – würde durch die oben beschriebene Interpretation des Gerichtes die Grundlage entzogen. Das kann auch nicht im Interesse der Bundespolizei sein, die ihrerseits nichts zu verbergen haben will.

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