Offener Brief von Terno Drom e.V. zu antiziganistischen Äußerungen des Kölner Kardinals Meißner

Sehr geehrter Herr Erzbischof Joachim Kardinal Meisner,

mit Entsetzen nimmt unsere Jugendorganisation Ihre negative Aussage zur Inklusion der Roma zur Kenntnis. In der Ausgabe des Kölner Stadtanzeigers vom 10. April 2013 (Seite 25) heißt es:

Mit Blick auf die Lage der Roma in der Slowakei, von der er sich selbst ein Bild habe machen können, sagte der Kölner Erzbischof Joachim Kardinal Meisner, dass diese Bevölkerungsgruppe ,,in unserer Zivilisation nicht zu integrieren sei‘‘. Nach seinen Erfahrungen in der Slowakei bekomme ,,manche Frau jedes Jahr ein Kind‘‘, und lebe vom Kindergeld.

Mit Ihrer Äußerung setzt sich die Diffamierung und Diskriminierung, die über Jahrhunderte gegenüber Roma besteht, fort. Ihre Unterstellung gegenüber Roma-Frauen ist darüber hinaus zutiefst verletzend. Denn gerade in der Slowakei sind Roma-Frauen wiederholt Opfer der Zwangssterilisation. Hierzu folgende Fakten:

  • Der UN-Menschenrechtsausschuss stellte im April 2011 fest, dass die Untersuchung von mutmaßlichen Zwangssterilisationen von Roma-Frauen zu wenig Bedeutung geschenkt worden ist.
  • Dem UN-Menschenrechtsausschuss liegen keine Informationen über die Einstellung von Zwangssterilisationen vor. Dem Vernehmen nach, finden Zwangssterilisationen weiterhin statt.
  • Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof befand im November 2011 die slowakische Regierung für schuldig, die Menschenrechte einer Roma-Frau durch Zwangssterilisation verletzt zu haben.

Es bleibt festzuhalten, dass die Roma-Frauen immer wieder zwangssterilisiert werden, ohne, dass eine klare Zustimmung der Frauen erfolgt. Es geht sogar so weit, dass die ethnische Zugehörigkeit von Roma in den Krankenhaus-Akten vermerkt wird.

Die renommierte Menschenrechtsorganisation Amnesty International stellt in ihrem Länderreport 2012 fest:

,,Internationale Kontrollgremien zur Einhaltung der Menschenrechte und nichtstaatliche Organisationen kritisierten die Slowakei wegen der anhaltenden Diskriminierung der Roma. Der UN-Menschenrechtsausschuss stellte im April 2011 fest, Roma seien von der politischen Teilhabe ausgeschlossen und würden beim Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und Wohnraum diskriminiert.‘‘

Besonders absurd erscheint uns Ihre Aussage zur Integrierbarkeit von Roma in unserer Zivilisation. Denn in einem nicht-zivilisatorischen Kapitel der europäischen Geschichte, fand der nationalsozialistische Völkermord an Sinti und Roma unter Zuhilfenahme von Kirchenbüchern statt. In Anbetracht dieser historischen Tatsache – wirkt ihre Äußerung zutiefst zynisch. Gerade gegenüber den katholischen Roma.

Sehr geehrte Herr Erzbischof Joachim Kardinal Meisner, wir appellieren an Ihre Reflexionsfähigkeit und hoffen, dass Sie sich für Ihre Äußerungen öffentlich entschuldigen und sie revidieren.

 

Mit freundlichen Grüßen,

Merfin Demir

Terno Drom e. V.
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